Don´t be afraid, you are at home.

Baldriantropfen flossen in Massen. Ohne Salbeitee wäre mir der Angstschweiß senkrecht aus den Poren geschossen. Das erste Mal auf einem Downhillbike. In einem Bikepark den ich nicht kenne. Mit Protektorenweste und allem drum und dran. Hoffentlich pack ich das. Je näher der Start zu unserem Miniroadtrip rückte, desto irrwitzigere Gedanken spielten sich in meinem Kopf ab. Und dann kam er, der Tag X. 

Gerade rechtzeitig kam Pfingsten um uns ein paar Tage Auszeit vom alltäglichen Wahnsinn zu bieten. Endlich wieder einmal raus aus dem verstaubten Kleinkaff, die fragwürdige Arbeitsroutine hinter sich lassen. Der Wind weht um die Nase und die Bikes wirbeln den Staub der Trails auf. Wäre da nicht das Ungewisse. Die hirnakrobatischen Überlegungen bezüglich unserer Bikeparkaufenthalte in Windischgarsten und Hollenstein. Das erste Mal ein Downhillbike unterm Hintern und das mit 38 Jahren. Meine Bikeparkkarriere steckt noch in den Kinderschuhen und will ausgebaut werden. Ob das mein Nervenköstum aushält?

Die Anfahrt zum Wurbauer lässt einen wenigstens auf andere Gedanken kommen. Geschmeidig cruisen wir über Mooslandl der Salza entlang und gelangen schließlich in ein echt faszinierendes Tal in Richtung Hengstpass. Landschaftlich sieht es hier aus wie in den Ötschergräben, nur die Asphaltzunge, welche das Gelände durchschneidet lässt erahnen, dass die Wildheit auf die Abhänge hinaufgeflüchtet ist und uns nur noch von Weitem beobachtet. Gemächlich schnaufen wir mit unserem T3 den Hengstpass hinauf. Schön langsam wird es im Bus richtig heiß, aber nicht des Angstschweißes wegen, sondern auf Grund der Heizung, welche die Motorkühlung unterstützen soll.

Am Pass angelangt, erwartet uns ein Abendpanorama der Extraklasse und ein Stellplatz vom Feinsten und beim Schlafengehen die Gewissheit, beim nächsten Augenaufschlag ist der Tag gekommen. Die Stunde, wo ein Nakita Downhillradl von mir den Berg hinunter gejodelt wird, oder war das doch umgekehrt?

Der Typ vom Verleih ist echt ein Traum. Natürlich kompetenzmäßig gesehen. Er ist echt bemüht, stellt uns die Räder vor, ist während der Fahrzeit im BikePark auch oft präsent und zeigt uns die Transportsache am Sessellift. Check sogar ich 😉 und auch der Einsersessellift ist kein Problem für mein Höhenangst geplagtes Hirn. Oben angekommen, bestimme ich gleich mal, dass es die Blue Lollipop runter geht. Man soll ja bekanntlich nichts überstürzen.

Vor lauter Nervosität nehm ich gleich bei der Einstiegsrampe das herunterbaumelnde Warnschild mit dem Helm mit, aber nix passiert. Voll abgeschüttelt das Teil. Und dann die Erkenntnis. Pfffu. Man merkt wirklich einen Unterschied zu meinem All-Mountainbike. Es werden alle Bremshügerl überbügelt. Es werden einem nicht die letzten intakten Bandscheiben durchgeschüttelt. Es ist wirklich geil. Was schon unten? Nochmal! So geht´s den Vormittag auf und ab und weder Regen, echter Regen, nicht zu verwechseln mit Nieseln, noch Hunger oder Durst, können uns bis 14 Uhr vom Wurbauerkogel losreißen. Da endet nämlich unsere Liftkarte, was wieder mal just in time ist, denn kurz darauf beginnt es tatsächlich zu Schütten und Werken, was das Zeug hält. Wir hingegen sitzen hutschpferdgrinsend im VW-Bus auf dem Weg zum Hallenbad, um unsere Gatschparnier loszuwerden. Der Wettergott meint es nämlich nicht so gut mit uns. Draußen duschen bei starkem Regen, Wind und 15 Grad ist dann doch nicht so prickelnd.

 

Kultiviert und gestärkt geht es weiter Richtung Hollenstein, wo der nächster Bikepark auf uns wartet. Auf der Suche nach einem netten Stellplatz für die Nacht, erkunden wir wieder einmal eine Gegend, durch die wir eh schon 100 Mal durchgefahren sind, aber eben nur „durch“ und nicht links und rechts blickend.

Wir biegen in viele Seitengässchen ein, erkennen wie schön die Ortschaften und Gegenden abseits der Bundesstraße eigentlich sind und finden uns am Ende am Promausattel auf 800 Meter über dem Meer wieder. Ein sich ganz an den Waldrand schmiegender, geschotterter Platz schreit  förmlich danach von uns becampt werden zu dürfen.

Am nächsten Morgen erwachen wir früh und werden darfür mit einem sagenhaften Nebelmeer belohnt, durch welches, je weiter der Morgen voranschreitet, Sonnenstrahlen durchglitzern und in allen Regenbogenfarben die taubenetzte Blumenwiese erleuchten lassen.

Am Königsberg treffen wir auf einige unserer Bikefreunde von den Mosttrailriders, mit denen wir gemeinsam den Bikepark rocken wollen.

Auch dieser Stopp unseres Mini-Roadtrips wirft mich wieder, so wie gestern, fahrtechnisch gesehen meilenweit nach vorne. Jürgen nimmt sich nämlich Zeit und erklärt uns Neulingen, wie man am besten mit Wallrides spielt. Und wir lernen schnell: Hirn fokusieren, Vollgas geben, weit oben anfahren und durchziehen.

 

Ich bin so motiviert, dass ich sogar nachmittags noch alleine mit dem Lift rauf fahre, während alle anderen schon gemütlich ihr wohlverdientes Eis schlemmen 🙂 So fein!
Nach der Freiluftdusche am Parkplatz, diesmal haben wir mitgedacht und sie aufwärmen lassen, düsen wir ins rauhe Waldviertel. Der geplante Dreiecksberg Trip wurde auf Grund der Schmerzen in Jürgens Ellenbogen verschoben. Doch auch das Land der Wackelsteine hat einiges zu bieten.

Man kann ja sagen was man will. Auch ich finde die Bikeparkflitzerei cool, aber im Gelände zu fahren, wo Wurzeln und Steinpassagen sich ein Stelldichein geben, wo der Wald mit den Nadeln den plätschernden Bach küsst, ist es für uns noch um ein Eitzerl interessenater als durch die geshapte Landschaft zu wallriden. Durchaus lernt man in Bikeparks ein Vielfaches an Sicherheit und Technik dazu, aber die „echten“ Trails, die draußen in der Natur auf einen warten sind damit nicht zu vergleichen.

 

So befahren wir den echt coolen Weg gleich zwei Mal. Das natürlich ganz ohne zu shutteln. Und Ende Gelände? Mit nichten! Ohwohl die Hitze fast unerträglich ist, der Himmel sich zusammbauscht mit Wolken, die jenseites von gut und böse wirken, denken wir nicht ans Aufhören geschweige denn Heimfahren. Adrenalingeschwängert gehts weiter zum Pumptrack in Krummnußbaum, der war etwas Zuwendung bräuchte, aber für die ersten Gehversuche optimal ist.

Natürlich kommt wieder meine Unsicherheit. Mhmm. Hab ich noch nie gemacht, kann ich das überhaupt, und wenns mich aufhaut, jetzt kommt auch noch wer daher,……. Aber siehe da, auch das Gepumpe macht Spaß! Echt jetzt! Hätte ich nicht gedacht! Obwohl man eigentlich nur im Kreis rumfährt, muss der ganze Körper und die Konzentration auf Vordermann sein. Schön, dass es all das in unserer Gegend zu befahren gibt.

Ein kurzer Trip. Nicht weit von der Homebase entfernt. Aber dennoch eingetaucht in neue Sphären des Bikens und des Erlebens der  Natur. Ach ja, und ein Lietzbesuch steht an, weil eine Protektorenweste muss her. Die Airtime sollte noch optimiert werden 😀

 

 

2 Kommentare bei „Don´t be afraid, you are at home.“

  1. Immer wieder ein Traum über Eure Abenteuer zu lesen. Ist so toll geschrieben, dass man eintauchen kann, als wäre man dabei gewesen.

    Danke für Eure Inspiration

    1. aufabwegenkarin sagt: Antworten

      Danke für die Blumen 😀
      Die besten Geschichten schrteibt eben das Leben.

Schreibe einen Kommentar

*

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.