Flims Laax was a blast

Schweiz. Graubünden. Flims Laax. Drei Tage. Eine Nacht. 92,2 Kilometer. 1.690 Höhenmeter (selbst geradelt und einige zerqutschte noch mit der Seilbahn zurückgelegt). 5395 Tiefenmeter. Warum tut man sich das an?
Gute Frage. Im Nachhinein kann ich sagen, dass es alle Anstrengung, jeden einzelnen Schweißtropfen und Muskeleinsatz wert war. Die Trail Trophy Flims Laax war nicht nur ein Selbstversuch meinerseits, sondern entpuppte sich als durchaus infiszierendes Event. Tolles freundschaftliches Feeling unter den teilnehmenden Endurobikern, fabelhafte Organisation, atemberaubende Trails und eine positive Herausforderung die nach Wiederholung nur so schreit. 

Bei unserer Anreise nach Flims war ich noch tiefenentspannt. Ganz nach dem Mantra: Ist ja nur ein Rennen, du machst ja nur einen Selbstversuch, gib dein Bestes, dabei sein ist alles, genieß die Trails und die Zeit dort, mach dir keinen Kopf,…. Doch als die Stunden zum Rennbeginn immer näher rückten war´s dann auch für die Globuli nicht mehr machbar meine Nervosität und Angespanntheit zu regulieren.
Alles startete ja für mich als Selbstversuch. Da ich schon an zahlreichen UCI Worldcupdownhills und bei Enduro Rennen als Zaungast teilgenommen und die Rennläufer immer stimmkräftig unterstützt habe bzw. den Trubel rund herum immer mitberleben durfte, aber eben nie richtig mitten drinnen war, beschlossen Jürgen und ich kurzerhand unseren Urlaub für 2018 unter das Motto „Endurorennen“ zu stellen. Klingt ja eh super. Aber eben nur bis zum Tag X, wo dir dann bewusst wird, dass du Teil des Großen Ganzen bist, nämlich Startnummer 226, die bist, die am Start der Stages dem „Go“ entgegenfiebert, die, welche so einige Trailhürden zu meistern hat und, und,…
Auf unserem Weg zum Start am ersten Tag trafen wir sogar ein bekanntes Gesicht – Pauli, der bereits in Latsch an der Trail Trophy teilnahm, aber meine Aufregung auch nicht herunterschrauben konnte. Dazu kam dann noch, dass wir auf Grund unserer hohen Startnummer erst gegen 15 Uhr mit dem Start drann waren. Normalerweise komm ich da von einer Tour nach Hause und genieße den Abend. So hatte ich noch 17 km und 600 Höhen- bzw. Tiefenmeter + einen Nightride mit 9 km und 290 Hm/Tm vor mir. Da flattern einem nicht nur die Nerven und Knie. Nein, auch das Herz zog sich in der Brust zusammen, geht anatomisch nicht, ich weiß, aber es fühlte sich so an. Naja.

Cool war´s aber dann schon, wenn dein Name zur Startfreigabe aufgerufen wird und du mit deinem Starterblock auf´s Abfahrtssignal wartest 🙂 Endlich in die Pedale zu treten fühlte sich irgendwie erlösend an. Die ersten drei Stages waren im Flimser Wald angesiedelt und hatten auch gleich alles, außer hochalpinem Charakter inklusive. Gratfahrten, Wurzeln, Verblockungen, steile Waldabfahrten auf staubigem, losem, extrem rutschigem Terrain,…. und noch dazu waren alle Fahrer gemischt, d.h. so Mega Rookies wie ich und (Semi-) Profis. Doch die Stimmung am Trail und auf den Verbindungsstages war phänomenal. Wurde ich überholt, ging das buddymäßig von Statten und nicht auf Teufel komm raus. Man hat trotz Rennen und Zeitnehmung aufeinander geachtet. So war ich zwar einigermaßen erledigt, aber auch positiv überrrascht und gelassener, als wir auf den Start zum Night Ride ausharrten. Dickes Bussi an Jürgen, der freiwillig in meiner Zeitgruppe gestartet ist und nicht in seiner, die um einiges früher dran gewesen wäre, gemessen an den Zeiten von den Tagläufen.


Für uns ging es dann um 23 Uhr 30 los, echt zach sag ich euch. Zuerst das lange Warten ohne richtiges Essen, dann der Anstieg zum Runcatrail im Scheinwerferlicht und dann noch die Abfahrt am unteren Runca. Am Tag superfein, in der Nacht eine Herausforderung, somal meine Lampe am Lenker befestigt war und leider nicht am Helm. Dieser Umstand erlaubte mir es nicht richtig auszuleuchten, d.h. bei Anliegern oder Tables wurde es ab dem Scheitelpunkt finster. Gar nicht cool, sag ich euch! An dieser Stelle aber tausend Dank an Gerald, der mir seine Radlampe borgte und ohne der ich den Runca hätte schieben können. Merci.
Nach der Zeitmessung  hab ich auch nicht kapiert, dass ich weiterfahren muss und habe den Schluss der Abfahrt gesucht, bin 2 Mal wieder hinauf bis zum Stage Ende, bis ich schließlich einfach runter gerollt bin, wo dann eh schon Jürgen auf mich gewartet hat. Da braucht man Nerven wie Stahlseil, vor allem wenn man weiß, dass man am nächsten Tag so gegen 10 Uhr wieder startet und es schon 1 Uhr 30 morgens war, als wir uns ins Campingbett kuschelten.

Unser treuer Reisebegleiter namens Wecker riss uns schließlich zeitgerecht aus unseren Träumen. Aber trotz der kurzen Nachtruhephase und des wenigen Essens am Vortag, war ich erstaunlicher Weise ziemlich fit und voller Tatendrang. Nach dem Frühstück kamen dann wieder meine Zweifel und Aufregungssymptome zum Vorschein, die sich von Stage zu Stage zogen. Am Samstag stand nämlich nach zwei flowigen Trails – oberer und mittlerer Runca – eine Gletscherabfahrt an. Ohne ewiges Eis und so, aber richtig auf dem Gestein und Geröll am Fuße des Vorab-Gletschers. Einerseits fühlte ich absolute Vorfreude, andererseits, war mir durchaus bewusst, dass diese Abfahrt mich an meine fahrtechnischen Grenzen bringen wird. So war es dann auch, aber das Erlebnis im so hochalpinen Raum die Wanderwege runterflitzen zu dürfen hat jede kurze Schiebepassage wettgemacht.

Nach dieser Stage ging´s weiter über eine 4 km lange sich über hochalpine Almböden ziehende Landschaft. Unbeschreiblich und für immer im Herzen gespeichert. Doch das war noch nicht alles, unsere Gruppe (man kommt immer wieder mit den gleichen Leuten bei den Stages zusammen- voll fein) fand den Trailabschluss des Tages im Green Valley. Superflowig, Superwurzelig (nicht überspitzt gemeint;)), super erdig und trocken, ein Hingucker von Trail als Tagesziel. Diesmal schafften wir es bis 18 Uhr zur Zeitmessung in Laax 🙂 und bis 20 Uhr zum Nudel mit Pesto Genuss beim Camper.

Eigentlich war ja ein Grillabend beim Laaxer See angesagt, den wir aber spritzten, genauso wie Pauli, der uns dazu abholen wollte, aber nach einem kurzen Besuch bei uns, sich schließlich auch für Radüberholung und Relaxen entschied. Relaxen ist so eine Sache, wenn man den ganzen Tag an seine Grenzen gegangen ist, so viele Eindrücke aufgenommen hat und noch am Abend voll zappelig vom Adrenalin ist. Mir wurde erst ein zwei Tage nach dem Rennen am Comersee bewusst, wie fein und einzigartig die Sache war, die ich hier als Rookie miterleben durfte. Doch vorerst war ich noch total im hier und jetzt. Biken, nervös sein, essen, schlafen, mit Bikekolleginnen plaudern, überteuerten Espresso schlürfen, biken, nervös sein,…….


Denn auch der dritte Tag mit seinen 2330 Tiefenmetern lies nicht gerade Entspannung aufkommen, schon gar nicht als uns Pauli in der Gondel erzählte was der Tail so alles zu bieten hat :O Spitzkehren, Felsstufen, ausgewaschen Tierpfade, …. oida, das motiviert enorm. Schon die Anfahrt war S3-S4. Da kommen dann leichte Zweifel auf, wobei ich sagen muss, dass die Verbindungsstage zum ersten Trail des dritten Tages die schwierigste Passage war und zum Glück nicht gewertet wurde. Aber das Panorama, auf dem Joch hat dann kurz mal die Schwierigkeitsskala ausgeblendet, richtig idyllisch, mit Wollgras, Dreitausendern im Hintergrund, Weidevieh,.. eigentlich schon kitschig.
Am Start dann das selbe Prozedere wie immer. Die Stimmung unter den nun schon befreundeten Bikebuddies der Startgruppe lässt die eigene Zappeligkeit ein wenig vergessen. So lange, bis der Start näher rückt und man im Kopf schon durchgeht wie man diese oder jene Stelle – man sah in den Trail teilweise ein – meistern würde.

Am Weg hinunter, der wahrlich kein Honiglecken war, kam mir dann auch noch Jürgen, der früher gestartet war mit einem Platten und einer kaputten Pumpe unter. Extra F*ck. Da hab ich mir gleich noch mehr Sorgen gemacht. Aber nach kurzem Austausch und Pumpenleihgabe machte ich mich weiter auf dem Weg zum Ende dieser Stage, wo ich dann einen ziehmlich angepissten Jürgen erwarten durfte. Und auch die hinunterbretternde Abfahrt ins Tal, es warern sicher 1000 Hm am Stück ließen seinen Ärger nicht verschwinden. Ich hatte unterdes eher Probleme damit meine Oberschenkel zu erholen, denn die Abfahrt war echt auf Druck und nur mit einer Stehpause, aber man glaubt ja nicht was alles geht wenn man will.
Ich hab dann auch noch die beiden letzten Stages gemeistert, die um einiges entspannter und flowiger, wenn gleich auch steiler und wurzeliger waren, gepackt und ich kann euch sagen, obwohl ich in den hinteren Rängen angesiedelt war, ist es ein irres Gefühl nach getaner Trailarbeit ins Ziel einzufahren, mit dem Wissen die Trail Trophy Flims Laax durchgezogen zu haben, zwar mit Lampenfieber, aber ohne Sturz bzw. Verletzung, mit  Freude an den superlässigen Trails, mit neuen Bikebekanntschaften und dem Stolz einfach alles Überstanden zu haben, ohne, dass sei hier auch erwähnt, so wirklich richtig darauf hintrainiert zu haben.

Und soll ich euch was sagen? Ich war so begeisteret von der Veranstaltung, als meine grauen Zellen alles mal verarbeitet hatten, dass ich nächstes Jahr wieder teilnehmen werde – so der Plan. Aber diesmal mit etwas mehr Training 😉
Es war ein einzigartiges Erlebnis für mich, das mich an die Grenzen meines Könnens brachte, aber dafür umso mehr motivierte genau hier anzusetzten und weiter zu machen. Ich bin Trails und Passagen gefahren, die ich ohne Renndruck nie im Leben in Angriff genommen hätte, aber im Rennen, die Zeit im Hinterkopf und die Tatsache das man das schaffen „muss“ hat mich so manche Steinpassage, Stufe, Wurzeltrails und ausgesetzte schmale Passagen meistern lassen. Es war einfach superfein und man wächst ja bekanntlich mit der Herausforderung 🙂

 

ps.: Großes Dankeschön an die Fotografen von Bike Components für die tollen Bilder, die übrigen sind von uns via Handy geknipst, diesmal war Jürgen nämlich ohne Fuji unterwegs 😉

Schreibe einen Kommentar

*

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.