1893 m ü.M.

Wir waren nur ungefähr sieben Stunden unterwegs, haben aber ein großes Spektrum an Eindrücken am „Votaberg“ erleben dürfen. Eine klare Sternennacht mit fast Vollmond, knirschende Schneerillen auf den Riffelsattel, schneeschwere Baumäste, bissiger Wind am Grat, Bruchharsch unter den Schneeschuhen, dunkelste Nacht, ein kleines aufflackerndes Morgenrot und noch einiges mehr.

„Guten Morgen, guten Morgen, guten Morgen Sonnenschein…!“ So reißt uns die liebe Nana Mousskouri um 1 Uhr morgens aus den Federn. Leicht schlaftrunken geht´s zur Frühstückszubereitung. Zum Glück haben wir schon am Vortag alles zum Abmarsch vorbereitet. So kann man ferngesteuert den Tee genießen und sich in Ruhe das Sandmännchen aus den Augen reiben.

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Trotz der frühen Stunde gewöhnt sich der Körper und auch der Geist schnell daran, dass heute ja etwas, für uns, Großes am Programm steht. Den winterlichen Sonnenaufgang am Ötscher erleben! Juhu! Vor ein paare Jahren haben wir dieses Vorhaben schon probiert, doch leider wegen Sturmböen um die 100 km/h abbrechen müssen. Heute sind wir voller Optimismus, denn der Wetterbericht klang wahrlich gut für diese Nacht.

Also wird mit dem Doblo nach Lackenhof gecruised. Man hat um diese Uhrzeit die ganze Straße für sich. Herrlich. Gut, dass der Wagen nicht so gut heizt, denn sonst wäre ich wieder weggebüselt.

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So kommen wir relativ frisch und top motiviert am Fuße des Ötschers an. Anfangs geht es noch etwas eintönig, natürlich mit Schneeschuhen und Stirnlampe bewaffnet, die Riffelpiste hinauf. Die geriffelte Struktur, hervorgerufen durch die Pistenraupen und das fokussierte Licht am Kopf, lässt einem richtig schwindelig werden. Aus diesem Grund, wird der Riffel in einem Zug erklommen. Ohne Päuschen, sonst droht der Umfaller, der bei so steilem Gelände nicht unbedingt von Vorteil wäre.

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Am Riffelsattel lädt uns ein sagenhafter Blick auf den Mond, der sich just im Moment unserer Teepause aus den Wolken schiebt, zum Verweilen ein. Hätte nur mehr ein Werwolf gefehlt und die Szenerie wäre perfekt gewesen 😉

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Hurtig geht es aber weiter, denn die Kälte der Nacht ist nicht zu unterschätzen. Am Schutzhaus gibt´s dann nur mehr einen für kleine Königstigerinnen-Stop und auf gehts ins Gelände. Hier beginnt das wahre Abenteuer dieser Tour.

 

Es ist noch immer stockfinster, als wir die letzten bis zum Boden schweren, schneebedeckten Nadelbäume hinter uns lassen uns ins Reich der von Wind und Wetter gepeitschten Latschen eintreten. Einige blitzen dick vereist aus der Bruchharschschneedecke heraus. Herrlich anzuschauen. Am Kamm tritt der Sonnenaufgangwind wieder auf, der es gleich noch frostiger wirken lässt. Durch die Dunkelheit ringsum und das Stirnlampenlicht erscheint der Weg so, als würde man bei dem kleinsten falschen Schritt nach Lackenhof rutschen, was ja nur ein optischer Trugschluss ist, aber sag das mal einem sicherheitsfanatischen Hirn.

 

Je heller der Himmel wurde, desto höher stiegen wir und erreichten schließlich wirklich zu Sonnenaufgang den Gipfel. Von der Sonne war zwar nicht viel zu sehen, aber das macht nix.

 

Beim Abstieg jedoch offenbarte sich uns ein beeindruckendes Schauspiel aus Sonne, Wolken und Nebel. Hinterm Hochschwab tat sich die Wolkendecke auf und eine rot-orange-rosa Färbung kam zum Vorschein, die den Scheiblingstein und Dürrenstein partiell einfärbte. Noch nie gesehen, grandios!

Der Abstieg durch die bizarren Schnee- und Eisformen, die Wind, Schnee und Eisregen hinterlassen haben, waren ein Gedicht. Erst jetzt bei Tageslicht erkennt man den echt massiven Bruchharsch der oben total hart ist und erst die nächste Schicht weichen Schnee aufweist, sodass wir mit den Schneeschuhen ganz schön zu tun haben um Halt zu finden.

Schon am Hüttenkogel freu ich mich, weil bekennender Kaffeejunkie, auf ein Tässchen duftenden schwarzen Kaffee, aber leider hat die Hütte ihre Pforten noch immer nicht geöffnet. So verschmausen wir unsere Brote im Windfang mit suspi Kräutertee.

Da es nicht mehr weit hin ist zum Start des Liftbetriebes und Pistegehen mit Schneeschuhen bergab nicht so leiwand ist, stürzen wir uns gleich vis a vis vom Schutzhaus in den Hang und kraxeln „quer Wald ein“ hinunter Richtung Lackenhof. Ein hoher Tann, echt zauberhaft.

Die letzte Etappe, (ich muss zugeben es war mein Vorschlag in diesen Waldhang reinzugehen) erwieß sich jedoch als suboptimal. Der Hang entpuppte sich als sehr steil mit vielen Querungen, die ganz schön auf unsere Sprunggelenke und Bänder gingen.

Sobald man aber den Fuß der schwarzen Piste erreicht hat, geht´s nun mehr entlang der ehemaligen Downhill Strecke zurück zum Parkplatz, wo uns die Zivilisation wieder einfängt. Es ist immer wieder enterisch, wie schön diese absolute Ruhe, das allein und einsam sein mit der Natur, ist. Nein, wir sind keine Soziopathen, aber ein wenig Abstand von den Massen, die sich dann tourenskimäßige den Ötscher raufwälzen wenn wir schon wieder unten sind, ist schon irgendwie phänomenal. Na ok. Wir sind kleine Soziopathen 😉

 

Dieses Mal haben wir bei Nacht und Wind den Gipfel erreicht. Es war zwar kein perfekter Bilderbuchsonnenaufgang, aber eine unvergessliche Tour auf den Vater der mostviertler Berge.

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