Vita facile e avventura grande!

Samstag, 8. April 2017, 20 Uhr 15 und Jürgen schraubt zum Hauptabendprogramm noch immer mit Stirnlampe bewaffnet an unseren Rädern herum. Erinnerungen an unsere Alpenüberquerungen kommen hoch, doch weit gefehlt! Diesmal geht´s mit dem T3 Camper + Mountainbikes an den charmanten Comer See. Hin zum einfachen Leben und großen Abenteuern 🙂 Vita facile e avventura grande.

Der Lago di Como hat sich seit unserer ersten gemeinsamen Alpenüberquerung in unsere Herzen eingeprägt. Nicht nur wegen seines charakteristischen Äußeren, er bildet ein umgedrehtes Ypsilon, sondern auch deshalb, weil er von einer wundervoll bizarren Bergwelt eingekreist ist. Ebenso versprühen seine üppige Vegetation und die an den Berghängen aufsteigenden Dörfern ein unbeschreibliches Flair, das zum Verweilen verführt.


Die Städte und Ortschaften entlang des Ufers, wie etwa Como oder Lecco, sind geprägt von Glanz und Glamour. Hier geben sich die möchtegern Sternchen und laut Medien auch Weltstars ein Stell dich ein. Verlässt man aber diese Gegend in Richtung Berge, werden aus Städten Dörfer, die ihre Ursprünglichkeit, wie wir sie aus Kindheitstagen kennen, erhalten haben. Man muss für diesen Szenenwechsel lediglich ein paar Pedalumdrehungen bergan auf sich nehmen und schon ist man quasi in eine andere Lebensperspektive abgetaucht. In das unperfekte Italien, mit seinen Steinhäusern, bröckelnden Fassenden, üppigen Grün und lachenden Gesichtern in viel zu alten schnellen Fiat Pandas. Aber gerade dieses einfache, scheinbar gemütlichere Leben, wo Einfamilienhäuser neben kleinen Selbsterwerbsbauern und Schulen neben Minigeschäften stehen, machen diese Gegend für uns so wunderbar. Dies alles ruft uns immer wieder in Erinnerung, wie einfach man sein Leben  führen kann, weshalb wir unsere Auszeiten mit unserem T3 in Zukunft vermehrt antreten werden. Nicht zuletzt um unserer konsumorientierten, abgeflachten Gesellschaft zu entfliehen.

Beladen mit Mountainbikes, Wasser, Essen, Bettzeug, uvm. landeten wir nach einer zirka zehnstündigen, entschleunigten Fahrt, mit kurzem Zwischenstopp im hinreißenden Guarda, am nördlichen Zipfel des Lago di Como.

Zum Glück fanden wir die richtige Aussfahrt zur Küstenstraße, was im Naturschutzgebiet eine echte Challenge ist, und cruisten diese entlang den See hinunter bis Lecco. Hier begann unsere erste Odyssee mit „Ziel“ Ballabio. Ein einheimischer Pensionist, der gerade mit seinem Hund äußerln war, konnte uns nach einem aufschlussreichen Gespräch mit Händen und Füßen erklären, wie wir aus den verschlungenen Gassen Leccos endlich auf das am Hang gelegene Ballabio finden. Er hatte sichtlich seinen Spaß mit uns verirrten Retrobusfahrern 🙂 In Ballabio starteten wir nicht nur unsere erste Tour, sondern auch unser Vorhaben des Wildcampens.

In der Vorsaison in Italien absolut kein Thema und wunderbar entspannt.
Das überdrüber superduper Plätzchen zum Nächtigen haben wir an einem Regenerationstag auf einer Erkundungstour zur Abbazia di Piona entdeckt. Grandioser Ausblick Richtung See und Berge, Ruhe Ende nie, Lage halbwegs eben, Sterne so weit das Auge reicht, mhmh….herrlich.

Aber auch unser letzter Stellplatz muss erwähnt werden. Der war nämlich lokalisiert am Malojapass. Von null auf hundert quasi. Von warm und wohlig hinein in kühl und windig, aber voll beeindruckend. Die Lärchenwälder und gelben Matten der Hochebene, Felsen umspielt von Schnee und ein kühler Wind der um die Nase fegt. Was gibt es besseres, als so einen Campingabschluss, vorausgesstzt man hat einen warmen Gasofen mit. Die morgendlichen 3 Grad Celsius, brachten Jürgen zum Erzittern und meine Finger zum Erröten 😀

Das einzige Problem bei unserer Wildcamperei war, dass wir W-Lan nur in Lokalen nutzen konnten, was mir als Kaffeejunkie äußerst zu Gute kam, und die toilettentechnische Versorgung musste auch penibelst genau geplant werden.

Wasser für unsere Solarduschen, die noch etwas verbesserungswürdig sind, bzw. Koch- und Trinkwasser ist in der Lombardei durchaus einfach zu beschaffen. In den kleineren Dörfern gibt es mindestens einen Brunnen, den man kostenlos nutzen und seine Reservoirs auffüllen kann. Einzig Zeit und Muße muss man sich nehmen sowie den Versuch von Konversation mit den Einheimischen, was uns zu dem Schluss brachte: Wir müssen Italienisch lernen!!

Wie gesagt, unsere Duschen müssen noch etwas getuned werden, aber die Sache an sich, in der Öffentlichkeit in Badebekleidung zu duschen, ist mit der Zeit total normal. Klar bekommt man ab und zu schiefe Blicke zugewandt, wenn man am Parkplatz seine Haare einschäumt, oder am Aussichtsplätzchen seine Seife tanzen lässt. Doch im Endeffekt, ist es eine alltägliche Tätigkeit, wenn auch manchmal etwas frischer als in der Duschkabine 😉


Obwohl das Plätzchen für den Bus suchen und die Wasserversorgung viel Zeit in Anspruch nimmt, konnten wir dennoch einige Mountainbiketouren an der östlichen Seite des Sees in Angriff nehmen.

Gleich bei unserer ersten Ausfahrt zur Traversata Bassa mussten wir feststellen, dass wir  keine Roadbook-Fahrer sind. Bergauf geht´s ja noch, doch bergab bleibt man dann nicht mehr so gerne alle paar Meter stehen und schaut nach ob man noch laut Plan unterwegs ist. Haut den Flow zusammen! Echt! 😉 Außerdem hatten wir auch keinen Radcomputer mit, weil unsere verschwunden bzw. verloren gegangen sind, weshalb wir irgendwann orientierungslos im Wald standen und nicht mehr wussten wo wir sind. Mit unserer Landkarte fanden wir dann einen Weg, wo schon von Weitem eine Wegtafel zu erkennen war, Juhhu!!! Doch weit gefehlt, wir fuhren und schoben im Kreis 😀 Das war der Punkt, als wir dem Roadbook ade sagten und auf unser Gefühl in Punkte Wege und Orientierung hörten. So wurde dann aus einer drei Stunden Tour eine fünfstündige. Auch nicht schlecht, man muss sich ja das Abendessen verdienen.

Auf die Alpe Rossa haben wir ohne Probleme hinauf und hinunter gefunden 😀 und vor allem die Abfahrt war super cool, echt flowig, nur ab und zu mit Steilstufen versehen. Echt fein.

Ein mountainbiketechnisches Highlight war unsere Tour auf den kleinen Bruder des höchsten Berges der Gegend, den Monte Legnoncino. 1500 hm an einem Stück bergauf. Klingt viel, lang und schweißtreiben. War es auch, aber durchaus kurzweilig, da die beeindruckende Umgebung das monotone Pedalieren immer wieder auflockerte. Und der Ausblick am Gipfel mit seinen 1711 MüM ein Gedicht. Bergab, ja ihr ahnt es sicher schon, haben wir uns ab Sommafiume wieder verkoffert, aber diesmal haben wir echt geile Trails entdeckt und sind diesen bis ins Tal gefolgt. Sicher von Locals angelegt, zufällig entdeckt von uns und genossen. Grazie mille für diesen flowigen Teil der Tour!!!



Besonders gefreut haben wir uns auf den Tracciolino, ein einzigartige Höhenweg, der vom Val dei Ratti zum Val Codera führt. Teilweise ist er auf Bahnschienen und durch zahlreiche Tunnels angelegt. 2012 haben wir diesen einzigartigen Weg als Abschluss unserer AlpenX kennengelernt. Umso gespannter waren wir ihn abermals zu befahren. Leider wurde der gesamte Höhenweg mit einem 2 Meter hohen Zaun begrenzt und damit auch für unerfahrene (E-)Biker fahrbar gemacht.

Neu für uns war auch Codera. Ein Dorf, das ganzjährig bewohnt, aber nur zu Fuß erreichbar ist. Der zwei Kilometer lange Fußweg ist wirklich lohnenswert, vor allem, weil man zwei uralte Steinbrücken quert und sagenhafte Maroniwälder ins Val Codera durchschreitet.

Wer kennt es nicht, das Lied von STS „und irgendwaunn bleib i daunn durt…“. Dieses Dreiländereck, Graubünden/Engadin – Lombardei – Tirol/Vorarlberg ist so zauberhaft, dass man dort durchaus seinen Lebensabend verbringen möchte. Und vielleicht finde ich dann auch wieder mein verloren gegangenes Walkie Talkie, das es mir bei unserer Abfahrt von der Capella Sacro Cuore aus der Helmhalterung geschleudert hat 😉